2. Okinawa Karate World Tournament 2022

1. – 9. August 2022

Okinawa Prefectural Budokan & Okinawa Karate Kaikan

Naha / Okinawa / Japan

Es sei voran gestellt, dass diese Okinawa-Reise vom Organisationsaufwand her alles bisherige der letzten 20 Jahre in den Schatten gestellt hat.

Die Reisevorbereitungen begannen wieder langfristig bereits Ende Oktober 2021, also kurz vor dem zweiten Corona-Lockdown. Über die offizielle Website des Tournaments erfolgte die Registrierung der Starter und Coaches.

Trotz der unsicheren Situation aufgrund der Corona-Lage bestand unsere Gruppe zu diesem Zeitpunkt aus zehn Reisewilligen aus ganz Deutschland, die den „Ryûkyû Kobudô Tesshinkan – Europa“ (www.kobudo-tesshinkan.eu) bei dieser Weltmeisterschaft als Starter im Kobudô repräsentieren wollten.

Anfang November wurden dann die Flüge nach Japan und das Hotel in Naha / Okinawa gebucht. Bis hierher funktionierte alles wie gewohnt.

Die größte Herausforderung war die Beschaffung der Visa für die Einreise nach Japan. Aufgrund Corona hat Japan die Visumfreiheit für Deutsche aufgehoben. Kurzzeitig bestand sogar ein generelles Einreiseverbot. Mit Hilfe des Organisationskomitees des World Tournaments auf Okinawa konnten die Teilnehmer über das elektronische ERFS-System des japanischen Gesundheitsministeriums registriert werden. Diese Registrierung wiederum war erforderlich, um die Visa zu beantragen. Schließlich musste jeder Teilnehmer persönlich bei der japanischen Botschaft vorstellig werden und sein Visum in den Pass einkleben lassen. Doch auch dies war schließlich geschafft und Anfang Juli 2022 hatten alle Teilnehmer ihr Visum.

Nun kam der nächste Stolperstein. Die verfehlte Personalpolitik der Fluggesellschaften in Corona-Zeiten rächte sich und führte zu Überlastungen. Die Flüge einiger Teilnehmer wurden kurzfristig, zwei Wochen vor Reisebeginn, storniert. Das verursachte extremen Stress und führte dazu, dass einige Teilnehmer nicht mitreisen konnten.

Andere Teilnehmer stornierten ihre Teilnahme aufgrund Corona, gesundheitlicher Probleme oder  verloren einfach die Lust aufgrund der problematischen Bedingungen.

Am Ende trafen sich nur noch vier Reisende am Frankfurter Flughafen: Frank Pelny  und Heike Prophet (Nordhausen), Sebastian Edelmann (Leipzig) und Stefanie Dahlke (Erfurt). Hier fand das Chaos seine Fortsetzung: Streik des Bodenpersonals, Verschiebung der Flugzeiten, unkorrekte Buchungen der Fluggesellschaften und Änderung der Flugroute aufgrund des gegenwärtigen politischen Irrsinns in der Welt. Somit verlängerte sich die Flugzeit nach Japan von 11 auf 14 Stunden wegen Umwegen um die Ukraine, um Russland und Nordkorea. Und natürlich waren  entsprechende Corona-Auflagen einzuhalten, von PCR-Test für die Einreise nach Japan bis Maske tragen auf dem gesamten Flug.

Doch wenn man erst einmal aus Deutschland raus ist, wird das Reisen wesentlich entspannter und vor allem meist pünktlich.

Die vier Tapferen, die schließlich alle diese Probleme überwanden, konnten es kaum fassen, als sie tatsächlich auf Okinawa landeten. Was für ein Trip!

Von Familie und Freunden Zuhause mit den besten Wünschen für einen schönen Urlaub und Erholung verabschiedet, sah die Realität deutlich anders aus. Noch am Tag der Ankunft bat unser Meister, Tamayose Hidemi (10. Dan, Präsident des Ryûkyû Kobudô Tesshinkan Kyôkai und Vizepräsident des Okinawa Ken Kobudô Renmei) um ein erstes Gespräch, was dann mehr als zwei Stunden dauerte. 

Am Morgen des zweiten Tages begann das erste Training bereits um 7:30 Uhr am Strand. Und da Ausschlafen im Urlaub und Jetlag ja Legenden sein sollen (Zwinker-Smily) führte Tamayose Kaichô am Ende des Trainings auch gleich die Graduierungsprüfungen durch, damit wir den Kopf für das World Tournament frei hatten. Da auch die Prüfung bei schwülen 32 Grad im Sand am Strand stattfand, statt auf glattem Sporthallenboden, war diese Aufgabe nicht ganz einfach zu lösen. Schließlich konnten Frank Pelny und Sebastian Edelmann erschöpft aber glücklich den 6. Dan im Ryûkyû Kobudô bestehen und erhielten dazu jeweils den Titel Renshi verliehen. Dies war das erste Mal im Tesshinkan-Verband, dass solch hohe Dan-Grade an Ausländer vergeben wurden. Ein guter Start und eine außergewöhnliche Ehrung!

Nach zwei weiteren Tagen mit morgendlichen Strandtraining begann für uns am Donnerstag (4. August) das World Tournament mit den Vorrunden-Ausscheiden. Insgesamt nahmen 1.700 Teilnehmer aus 24 Nationen an diesem World Tournament teil. Dabei waren inklusive unserer drei Starter nur insgesamt vier, die es aus Deutschland bis hierher geschafft hatten.

Am Ende stand Frank Pelny in der Kategorie Bô (Langstock) Senioren auf Platz 1, ebenso wie Stefanie Dahlke in der Kategorie Sai Adult II. Auch Sebastian Edelmann schaffte es auf Platz 3 in der Kategorie Sai Adult II. Damit waren alle deutschen Starter des Ryûkyû Kobudô Tesshinkan für die Teilnahme an der Weltmeisterschaft qualifiziert!

Am Wochenende (6.-7. August) fanden die Qualifikationen der besten 16 bzw. 8 statt. Schließlich die Semifinale und Finale.

Zu den Qualifizierten aus dem Ausland und den japanischen Hauptinseln aus den Vorrunden vom Donnerstag und Freitag kamen nun noch jeweils die vier Starter aus Okinawa, die ihre Vorrunden bereits im Mai absolviert hatten und somit für die Semifinale gesetzt waren. Für uns bedeutete das, dass die meisten unserer Gegner Japaner und Okinawaner waren. Beispielsweise war der spätere Weltmeister in der Kategorie Bô senior Ishiki Hidetada ein 8. Dan aus Okinawa.

Bei der Siegerehrung am Sonntagabend konnten die nur drei Starter des Tesshinkan dann verdient und erleichtert drei der speziellen Medaillen aus Okinawa-Glas in Empfang nehmen:

* Weltmeisterin – Stefanie Dahlke                             (GER / Chikara Club Erfurt) Sai adult II femal

* 3. Platz  – Sebastian Edelmann               (GER / Leipzig)                           Sai adult II male

* 3. Platz  – Frank Pelny                                                 (GER / KDK Nordhausen)         Bô senior male

Am Montag dem 8. August bestand die Möglichkeit, an verschiedenen Seminaren mit Okinawa-Meistern teilzunehmen. Diese außergewöhnliche Möglichkeit, direkt an der Quelle zu lernen, ließen wir uns natürlich nicht entgehen und wurden mit interessanten Einblicken belohnt. Die Seminare wurden von 450 Teilnehmern besucht.

Dieses World Tournament fand anlässlich des 50. Jahrestages der Rückgabe Okinawas durch die USA an Japan statt (1972). Wie nicht anders gewohnt, war alles wieder perfekt organisiert. Veranstalter war die Präfektur Okinawa. Trotz der extremen Corona-Zahlen auf Okinawa (Inzidenz 6.000) wurde ein großartiges Event durchgeführt.

Tägliche Temperaturmessungen und Corona-Tests der Teilnehmer, Zutrittskontrollen, Maskenpflicht und vieles mehr sorgten für eine hohe Sicherheit aller Beteiligten. 

Bevor wir am Mittwoch die Heimreise antraten, war Dienstagfrüh natürlich nochmals ein Strandtraining. Das Wetter auf Okinawa war dieses Jahr außergewöhnlich regnerisch, so dass uns auch häufiger ein Regenschauer beim Training überraschte und wir deshalb unter einer Autobrücke weiter trainierten. Die Meister auf Okinawa sagen: „Ein Karateka darf sich nennen, wer jeden Tag Karate trainiert.“. Dieser Forderung wurden wir auf jeden Fall gerecht.

Neben all diesen Aktivitäten blieb überraschender Weise trotzdem auch noch etwas Zeit für Sightseeing und Shopping. Es bleibt festzustellen, dass derzeit sehr wenig Touristen auf Okinawa unterwegs sind. Gar kein Vergleich zu den Vorjahren. Insbesondere das Fehlen der chinesischen Touristen viel auf. Beim Besuch der Königsburg Shuri-Jo konnten wir den Fortschritt der Aufbauarbeiten der im Oktober 2019 abgebrannten Haupthalle und der weiteren acht Gebäude beobachten.

Wie leider üblich in unserer Kunst / Sportart bleibt festzustellen, dass alle Aktivitäten wieder komplett privat finanziert wurden, da wir für Sponsoren uninteressant sind.

Eine außergewöhnliche Reise unter außergewöhnliche Bedingen mit außergewöhnlichen Ergebnisse lassen diesen Okinawa-Trip 2022 unvergesslich sein.

Frank Pelny

7. Dan Karate-Dô Shôtôkan-Ryû

6. Dan Ryûkyû Kobudô Tesshinkan

Shihan, Renshi, Shibu-Chô für Europa